Samstag, April 20, 2024
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Zell am Mooser Flüchtlinge helfen auch in Mondsee mit – Ein Bericht von Nina Froschauer

von Nina Froschauer

Wer oder was ist Maklouba? Kann man das essen?

Ja, man kann. Das traditionelle arabische Gericht, bestehend aus Reis, Fleisch und Gemüse wurde uns, Michaela (ich nenne sie liebevoll „Mom“) und mir am Samstagabend in Zell am Moos aufgetischt. Ungewöhnlich genug, von gestandenen Männern bekocht zu werden, hat das Ganze auch noch gut geschmeckt. Sehr gut sogar. Das Wort maklouba kann mit umgedreht übersetzt werden. Der Name passt perfekt, da die fertige Speise vor dem Servieren einmal umgekippt und anschließend, leicht tortenähnlich ausschauend, auf die Teller verteilt wird.

Abgesehen von der für uns köstlichen neuen Erfahrung haben wir auch viele spannende Eindrücke gesammelt. Und ob man‘s glaubt oder nicht, Flüchtlinge sind wirklich nur Menschen wie Du und Ich. Echt jetzt.

Aber um der ganzen Geschichte einen Anfang zu geben: Am Samstag haben wir, wie in letzter Zeit so oft, im Spendenlager – ein Vergleich mit einem Saustall wäre vielleicht etwas übertrieben, aber Chaos könnte man es schon nennen – gearbeitet. Sortieren und die Ausgabe an die neu Eingetroffenen standen am Plan. Viele freiwillige Helfer waren da und wie immer auch die bereits zum Fixteam gehörenden in Zell am Moos ansässigen Flüchtlinge. Und diese waren es auch, die uns in ausbaufähigem Deutsch, dafür aber perfekt ausgebautem Charme, nach getaner Arbeit in ihr Quartier einluden, zum Teetrinken. Sie wollten sich damit dafür bedanken, dass sie immer bei uns mithelfen dürfen. Die unbezahlte Arbeit durchbricht ihren erzwungenen langweiligen Alltag.

In ihrem Kämmerchen, einem Dreibettzimmer mit geschätzten 15 m² haben die Männer nicht nur all ihr Hab und Gut verstaut, sie kochen auch hier. Obwohl sie von ihrer Unterkunftgeberin, die sie bezeichnenderweise Mama nennen, bestens versorgt werden, bereiten sie ihr Essen gerne selbst zu. Auf einer einzelnen Herdplatte, die auf dem Nachtkästchen steht. Die Zutaten werden, fein säuberlich in einzelnen Plastiksäcken verstaut einfach unter den Betten hervorgeholt. Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie man in dieser „Küche“ ein Essen für acht Personen samt Beilagen und Salat zaubern kann.

Als wir eintraten, wurde uns sofort ein Platzerl auf einem der Betten zum Sitzen freigeräumt und der gebotene Tee war auch in Windeseile fertig – stark und süß wie er in der arabischen Welt gerne getrunken wird. Kavaliere durch und durch. Wenig später saßen wir zwischen vielen jungen Männern, gesprochen wurde in einer Englisch-Deutsch-Arabisch-Mischung.

Neben gutem Essen, einem „WerkanndenmeistenRauchbeimShishanmachen“-Wettbewerb und orientalisch anmutendem Herumgetanze sprachen wir auch über das Ein oder Andere. So fanden wir unter anderem eine Antwort auf die ewige Frage: Wieso flüchten denn eigentlich gerade die jungen Männer aus ihren Heimatländern? Einer der im Raum sitzenden Burschen erzählt uns von seiner Familie und erwähnt dabei ganz nebenbei, dass er, bereits in den Fängen des IS, es geschafft hat, DENEN zu entwischen und danach gezwungen war, zu flüchten. Ein anderer, dass sein Vater ihn weg geschickt hätte, weil beim ihm diese Zombies, wie sie sie nennen, mehrfach an der Tür standen und er zum Töten rekrutiert werden sollte. Und da muss ich sagen, es ist eine Sache, in der Schule oder über die Medien von der IS zu hören und eine ganz andere, einem sympathischen, hübschen, jungen Mann, der auch mein Bruder oder mein Freund sein könnte, in die Augen zu schauen und ihn von den Grausamkeiten berichten zu hören und zu beobachten, wie sein Blick zu Boden geht, während er sich erinnert. Ich wusste in dem Augenblick, aus Rücksicht auf unsere Gefühle und aus Anstand, ließ er die grauenhaften Details weg. Was wir hörten, reichte trotzdem aus, um Bilder im Kopf zu erzeugen, die man lieber nicht haben möchte.

Später stießen noch zwei junge Männer in die Runde. Sie erzählten uns von ihrem Studienleben back in Syria in der Stadt Aleppo, die mittlerweile dem Erdboden gleich gemacht wurde und zeigten uns Fotos aus ihrem früheren Leben, einem schönen Leben, einem guten Leben. Die Universität, ihr Haus, ihre Familie, ein tolles Auto, Urlaube in fernen Ländern. Nun sitzen sie hier in diesem Zimmer, das seit geraumer Zeit ihr neues Zuhause ist und hoffen darauf, bald in Österreich weiter studieren zu können. Ich halte ihnen dabei aus vollem Herzen die Daumen.

Trotz der vielen traurigen Dinge, die wir erfahren durften oder vielmehr mussten, war es ein sehr gelungener, gemütlicher Abend, in dem auch die Hoffnung spürbar wurde, die die Männer haben. Die Hoffnung zum Beispiel, dass es ihren Familien gut geht, viele von ihnen sind in anderen, benachbarten Ländern oder abgelegenen Gegenden in eine zumindest vage Sicherheit gebracht worden, die Hoffnung, bald wieder ein normales Leben führen zu dürfen, Arbeit zu haben und am Gesellschaftsleben teilnehmen zu können und die Hoffnung, dass irgendwann das Gute siegen wird.

Zugegeben, die charmanten Komplimente, die wir bekamen, könnten unser Urteilsvermögen etwas beeinträchtigen, aber diese Männer waren so herzlich, gastfreundlich und zuvorkommend, wie man es sich nur vorstellen kann. Und mal ehrlich, wer mich kennt weiß, allein wegen des guten Essens, hat sich der Abend für mich schon gelohnt.

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