Donnerstag, April 25, 2024
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Im Gespräch mit Pfarrer Dr. Ernst Wageneder

Pfarrer_Wageneder

In unserer schnellen und modernen Welt nimmt der Stellenwert der Kirche bei den jüngeren Leuten zunehmend ab. Das könnte man zumindest glauben, wenn man das Durchschnittsalter der Gläubigen bei den Gottesdiensten betrachtet. Doch vielleicht hat sich auch einfach die „Art“ zu glauben bei den jüngeren Bürgern verändert? Muss man immer in die Kirche gehen? Kann man nicht auch so gläubig sein?  Vielleicht fehlt der Kirche auch einfach der „Draht“ zu den Jüngeren in unserer technischen und dynamischen Welt? In Deutschland denkt man beispielsweise bereits über Live-Streams, Twitter Gottesdienste und weiteren Möglichkeiten für die Jugendlichen nach. Über das und viele weiteren Fragen haben wir mit unseren Pfarrer Dr. Ernst Wageneder gesprochen:

Die Kirche ist nicht zu wenig präsent, jedoch…

Unser Pfarrer sagt gleich zu Beginn, dass die Kirche nicht zu selten in den Medien präsent ist. Vielmehr sind die Themen warum berichtet wird das Problem. Die „guten Dinge“ die Kirchen verrichten werden vorausgesetzt und über diese lohnt es sich für die Medien oftmals nicht zu berichten. Vielmehr reißen sich die großen Medienkonzerne um Skandale und negative Einzelfälle. Dr. Ernst Wageneder sagt zeitgerecht: „Leider gilt bei den Medien oftmals „bad news are good news“. So erzielen die Medien eine höhere Reichweite. In der heutigen dynamischen und technischen Welt verbreiten sich diese Negativschlagzeilen wie ein Lauffeuer.

Wir wollen unsere Gläubigen mit unserer Struktur des Gemeindelebens erreichen. Über 400 ehrenamtliche Mitarbeiter wirken in über 40 verschiedenen Fachausschüssen, Gruppierungen, Organisationen und Vereinen mit, um unser Gemeindeleben aufrecht zu erhalten. Leider ist es oft schwierig, gegenüber der medialen Berichterstattung ein aktuell positiveres Bild der Kirche zu schaffen.

Die aktuellen Probleme der Kirche…

Die Kirche hat laut Pfarrer Wageneder aktuell 2 große Probleme:

Immer wieder wird negative über die Haltung der Kirche gegenüber der Rolle der Frau und der Sexualität berichtet. Die Einstellung der meisten Bürger unterscheidet sich eben von jener der Kirche.
Außerdem hat die Kirche wie auch viele Vereine mit Personalmangel zu kämpfen. Dieses Problem wird in Zukunft noch immer schwerwiegender werden, wenn man bedenkt dass rund 80 Prozent der aktuellen Priester über 60 sind. Es ist auch schwierig, dass man als Kirche mit einer eher älteren „Belegschaft“ die Jugendlichen in den einzelnen Gemeinden erreicht.

Kein Problem, jedoch eine Herausforderung ist der akute Zeitmangel und das Überangebot an Freizeitmöglichkeiten in unserer modernen Zeit. Früher war die Kirche auch eine Anlaufstelle für Freizeitaktivitäten. Da es jetzt für jedes erdenkliche Hobby Möglichkeiten in der näheren Umgebung gibt, ist dieser Wert der Kirche auch gesunken.

Wir sind teilweise im Alltag gefangen…

Menschen müssen wieder lernen, den Alltag bewusster zu gestalten. Wir sind in gewisser Weise „Sklaven der Zeit“ geworden. Strukturen sind laut Pfarrer Wageneder wichtig, schnüren uns jedoch auch ein. Wir stehen auf, gehen zur Arbeit, kommen heim, sehen fern und schlafen wieder. Oftmals werden wichtige Dinge die das Christsein ausmachen vergessen, oder man hat einfach keine Zeit dafür. Das ist auch ein Grund dafür, dass die Kirche an Stellenwert verliert. Wahrscheinlich geht es der Gesellschaft auch einfach zu gut. Aber darüber kann man doch auch nur froh sein.

Wer nicht in die Kirche geht, ist kein guter Christ…oder?

Pfarrer Wageneder sagt, dass eine volle Kirche natürlich gut aussieht und man könnte glauben genau das sagt auch alles über den Glauben der Menschen aus – NEIN! Die Qualität des Glaubens steht ganz klar über der Quantität. Jeder glaubt anders, und das muss man nicht unbedingt in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen „beweisen“. Der Glaube sollte Kraft geben, auch in schwierigen Zeiten. Die Fähigkeit zu glauben spiegelt sich also nicht in der Quantität der Kirchenbesuche wider.

 

Doch ab wann ist man heute noch ein „guter Christ“?

kirchemondsee_schwertlUnser Pfarrer sagt dazu treffend: „Wer heutzutage als „perfekter“ Christ lebt, wird in der Gesellschaft als „anders“ abgestempelt….man könnte sogar sagen als „Aussteiger“. Das hat sich in den letzten Jahrzenten sehr verändert. Einen „guter Christ“ sollte jedoch zumindest für andere Menschen da sein, egal in welcher Situation. Ob das nun bei positiven oder negativen Ereignissen ist. Das gehört zum Grundverständnis im Christentum und sollte auch nichts Besonderes sein. Auch auf dem Weg in den Tod sollte man andere Personen beistehen. Zum Thema Euthanasie sagt unser Pfarrer folgendes:
„In unserer Industriegesellschaft ist die Sterbehilfe ein bedeutendes Thema. Menschen in dieser schwierigen Situation zu begleiten ist Auftrag unserer Gesellschaft und bedarf einer Achtsamkeit im Umgang mit Leidsituationen und eine besondere Begleitung im Abschiednehmen, da die Vereinsamung und Hilfslosigkeit der Angehörigen zunehmend erschwerend sind Hilfe in Anspruch zu nehmen. Christen wollen einander stärken um das Leid und die Krankheit zu tragen. Die Die Caritashauskrankenpflege, Angehörige, die Seelsorge und die mobile Palliativ sind gute Angebote um Schmerzfrei und in Würde sterben zu können. Die Entscheidung eines Menschen über Leben und Tod müssen wir respektieren. Als Seelsorger begleite ich selbstverständlich Menschen in Ihrer Entscheidungsfindung. Sterbenden beizustehen ist eine sehr wichtige Aufgabe und ein Dienst am Nächsten.“

Zum Abschluss: Wie wird die Situation der Kirche in 30 Jahren aussehen?

Pfarrer Wageneder: Ich wünsche mir, dass Österreich in 30 Jahren noch in Frieden leben kann, dass es Frieden auf der Welt gibt und dass der christliche Glaube auch noch in der heutigen Art verkündet wird.

 

Das Interview wurde von Alexander Eisendle geführt.

(c) Bilder Pfarre Mondsee / August Schwertl

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